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Find the Balance/13.11.2023

Wenn aus individuellen Routen ausgetretene Pfade werden

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Von der Ruinenstadt Machu Picchu in Peru bis zum Schrecksee im Allgäu – Reise-Influencer*innen auf Instagram oder TikTok haben einen riesigen Einfluss auf die Urlaubspläne ihres Publikums. Wenn sie im „Lonely Planet“-Stil eine Destination für „hot“ erklären und traumhafte Bilder posten, kann es passieren, dass der Planet dort sehr schnell alles andere als lonely ist. Ist es noch zu verantworten, seine Lieblingsspots zu teilen und damit womöglich für Overtourism zu sorgen? Wie geht man damit behutsam um?

Sharing is Caring

Wer Schönes entdeckt, etwa einen traumhaften See in den Südtiroler Alpen oder den besten Mandarinen-Käsekuchen der Welt in Lissabon, der teilt es gerne mit anderen Menschen. Denn: „Sharing is Caring“. Früher wurden solche Tipps an Familie und Freunde weitergegeben. Heute sind Tausende oder noch mehr Insta-Follower die Zielgruppe. „Viele Menschen verreisen heute einzig oder überwiegend, um das perfekte Bild für Instagram zu machen“, weiß Tourismusforscher Markus Pillmayer von der Hochschule München.

Der Wunsch, seine Entdeckungen zu teilen, liegt in der Natur des Menschen. Und schließlich ist das Internet genau dafür gemacht: um zu kommunizieren, um sich auszutauschen, um sich gegenseitig Tipps zu geben.

5 gute Gründe, seine Reise-Empfehlungen zu teilen

  1. Inspiration: Man inspiriert andere dazu, Orte zu besuchen und wertzuschätzen, die man selbst liebt. Und man hilft ihnen dabei, ihre Trips noch besser zu planen.
  2. Kommunikation: Man tritt mit Menschen in Kontakt, die die gleichen Interessen und Leidenschaften teilen. Am Ende profitieren alle Beteiligten von den Tipps und Empfehlungen. Wer noch nie an einem Ort war, findet sich so wesentlich schneller zurecht und bekommt mehr Möglichkeiten, den Aufenthalt zu genießen. Vielleicht ergeben sich daraus sogar Freundschaften – und die Möglichkeit, den nächsten Trip zusammen zu unternehmen.
  3. Präsentation: Wer im Reisebereich bei Insta & Co. aktiv ist, kann seine fotografischen und erzählerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen – und sich im Idealfall ein lukratives Standbein als Reise-Influencer*in oder Blogger*in aufbauen.
  4. Unterstützung: Wenn der lokale Tourismus in einem gesunden und sinnvollen Rahmen bleibt, können Reise-Influencer*innen lokale Unternehmen und Gemeinden unterstützen, für die Destination und ihre Angebote werben, und so zur wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort beitragen. Das gilt ganz besonders für Angebote in eher abgelegenen Regionen, die noch kaum bekannt sind.
  5. Family und Friends: Die Lieben daheim können quasi mitreisen. Sie verfolgen beinahe „live“ die Urlaubserlebnisse vor Ort. Und eine Insta-Story, in der der Vulkan Santiaguito in Guatemala im Hintergrund blubbert und Lava spuckt, ist für Geschwister, Eltern oder Großeltern zu Hause auf der Couch unendlich viel spannender als früher eine Postkarte, die erst nach Wochen ankommt.

Ziel ist eine neue Form des Tourismus

Heute trüben allerdings völlige überlaufene Hotspots wie Hallstatt im Salzkammergut, der Pragser Wildsee in Südtirol oder Maya Bay in Thailand die Freude am „Sharen und Caren“. In dem thailändischen Ressort haben Touristenmassen, die vom Film „The Beach“ angelockt wurden, den dortigen Korallenriffs irreparable Schäden zugefügt. Solche Beispiele für die schlimmen Auswirkungen von Overtourism gibt es weltweit. Experte Markus Pillmayer aus München fordert deshalb im ZDF-Interview eine „neue Form des Tourismus, bei dem auch Einheimische deutlich mehr mitsprechen und vor allem mitentscheiden dürfen“.

Die Maya Bay in Thailand ist ein beliebtes Reiseziel für viele Touristen.
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Instagrammer sind schwer zu informieren

Instagram & Co. spielen dabei eine entscheidende Rolle. Das weiß auch der Biologe Henning Werth, der am Alpinium in Obermaiselstein im Oberallgäu, dem „Zentrum Naturerlebnis Alpin“, über die optimale Balance zwischen Naturschutz und Tourismus forscht. Einer der Hotspots hier in der Umgebung ist der Schrecksee – ein malerischer türkiser Hochgebirgssee, der an Spitzentagen von bis zu 900 Besuchern regelrecht heimgesucht wird. Werth hat dabei festgestellt, dass vor allem Instagrammer und TikTokies schwer von Verhaltensänderungen zu überzeugen sind: „Gerade Instagram-Touristen sind in sehr vielen Fällen keine Wiederholungstäter. Die kommen einmal und machen ihr Foto. Das macht es so schwer, diese Personen aufzuklären und zu informieren.“ Vor Ort, so der Biologe gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, sei es dann bereits zu spät: „Eigentlich müsste man diese Leute schon daheim am Computer erreichen.“

5 gute Gründe, seine Reise-Empfehlungen nicht zu teilen

  1. Schutz vor Overtourism: Wer ohnehin überlaufene Destinationen online auch noch pusht, lockt noch mehr Menschen und Touristen an diese Orte – und trägt dazu bei, dass sie ihren Charme und ihre Authentizität verlieren. Das gilt auch für Ziele, die bisher noch nicht überlaufen sind, und die dann per Insta als „hot“ gehandelt werden.
  2. Umwelt: Exzessiver Tourismus kann der Umwelt vor Ort enorm schaden. Dazu gehören Schäden an der niedergetrampelten Vegetation, zunehmende Verschmutzung durch Müll und Emissionen und Beeinträchtigungen der Tierwelt.
  3. Der eigene Urlaubsspaß: Wer sich nur noch darauf konzentriert, die ideale Location und das perfekte Bild zu finden und dann zu posten, macht den Urlaub zur Arbeit. Den Moment zu genießen, sich zu freuen und zu entspannen, kann dabei komplett auf der Strecke bleiben. Und wer dann enttäuscht ist, dass das x-tausendste Bild vom Pragser Wildsee nur ein paar Dutzend Likes einsammelt, verdirbt sich selbst die Urlaubsfreude.
  4. Copyright: Wer hochprofessionelle Fotos auf Instagram teilt, die für Tausende von Likes sorgen, riskiert, dass diese Bilder gestohlen oder gar weiterverkauft werden. Wer mit seinen Urlaubserlebnissen Geld verdienen will, sollte sich sehr genau überlegen, wo und wie er sie mit wem teilt – und die besten Bilder nicht leichtfertig posten.
  5. Sicherheit und Datenschutz: Wenn Influencer alle Details ihrer Route und ihrer Reiseplanung preisgeben, machen sie sich angreifbar. Das kann für Stalker gelten, oder für Kriminelle vor Ort, die sich fürs technische Equipment interessieren. Auch aus Datenschutzgründen muss nicht jeder wissen, wie ein Trip genau verläuft, und welche Destinationen als nächstes geplant sind.

Mit Händen und Füßen gegen Overtourism

Gerade von Hotspots wie dem völlig überlaufenen Hallstatt im Salzkammergut, das vor allem asiatische Touristen an die Kulisse von Disneys „Eiskönigin“ erinnert, gibt es mittlerweile Tausende und Abertausende von Instagram-Fotos. Wer bei Insta nach Hashtags wie #Hallstatt oder #Hallstattaustria sucht, findet dort mittlerweile über eine Million Beiträge. Die Gemeinde wehrt sich mit Händen und Füßen gegen den Übertourismus und hat als Notwehrmaßnahme zwischenzeitlich Holzwände aufgestellt, um den Blick auf die populärsten Motive zu verstellen.

Intelligentes Besuchermanagement ist gefragt

Auch andere gehypte Destinationen wie der Pragser Wildsee beschränken die Zufahrt per Auto, verlangen Online-Reservierungen für Tagestouristen oder beschränken den Besuch auf bestimmte Tage in der Woche. Wer auf die Zahlen in Südtirol blickt, begreift den Ernst der Lage. Auf gut 530.000 Einwohner*innen kamen 2022 rund 34,4 Millionen Übernachtungen. Intelligentes Besuchermanagement ist also gefragt. Tourismusforscher Markus Pillmayer geht davon aus, dass sich der Ansturm auf die Berge sogar noch verstärkt: „Wir können davon ausgehen, dass es durch die Extremwetter-Ereignisse im Mittelmeerraum vermutlich zu einer Verschiebung der Reiseströme kommen wird.“ Er plädiert für das „Degrowth“, für das Gesundschrumpfen des exzessiven Tourismus, von dem dann sowohl die Menschen vor Ort als auch die Besucher profitieren.

 

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Tipps für verantwortungsbewusste Reisende

Kluge und verantwortungsbewusste Reise-Influencer*innen begreifen, dass niemand noch mehr Bilder von Hallstatt oder vom Allgäuer Schrecksee auf Instagram braucht. Sie konzentrieren sich auf spannende neue Locations, die noch weitgehend unentdeckt sind, die noch Unterstützung brauchen können – und die dann hoffentlich nicht auch Opfer von Overtourism werden.

Respektiert die Orte, die ihr besucht!

Wer die wichtigste Influencer-Regel beherzigt, trägt dazu bei, dass das nicht passiert: Denk darüber nach, was du veröffentlichst – und sei dir der Auswirkungen deiner Posts und deiner Online-Aktionen bewusst! Reise-Influencer*innen sollten ihre Fans und ihr Publikum außerdem immer zu verantwortungsvollem Verhalten auffordern: Respektiert die Orte, die ihr besucht und verlasst sie so, wie ihr sie vorgefunden habt!

 

Die 5 besten Outdoor-Routenplaner

Die besseren Reisetipps zum Klettern, Wandern, Biken oder Skitouren gehen bieten nicht Instagram oder TikTok, sondern Routenplaner für Sportler*innen und Outdoor-Fans. Diese Apps bringen sicher euch auf den richtigen Weg.

Komoot: Marktführer und bei Stiftung Warentest mit Note 2,5 eine von nur zwei „guten“ Apps. Tourenbegleitung und Tourenplanung schneiden jeweils mit einer 2,4 noch ein bisschen besser ab. Radler, Wanderer und Läufer profitieren von exzellenten Tourenvorschlägen – und von der Möglichkeit, sich in entlegenen Regionen auch offline zurechtzufinden. (Für iOS und Android, Basisversion kostenlos, Kartenpakete ab 2,99 Euro)

Outdooractive: Im Test mit den gleichen guten Noten wie Komoot. Der Betreiber aus dem Allgäu verspricht den „direkten Draht zu Europas größter Outdoor-Community“. Die App bietet umfassenden Service zum Wandern, Radfahren oder Skitouren gehen – von der Smartwatch-Anbindung bis zum sicheren Gefühl, dass die Daheimgebliebenen den Standort per „BuddyBeacon“ immer live verfolgen können. (Für iOS und Android, Basisversion kostenlos, Kartenpakete ab 99 Cent)

Strava: Beim dritten großen Player unter den Outdoor-Apps steht neben den Standard-Funktionen zum Fitness-Tracking vor allem der Community-Gedanke im Mittelpunkt. Strava versteht sich quasi als Fitness-Instagram, als soziales Netzwerk für Sportler*innen, die hier alle Aktivitäten teilen. Vom Laufen bis zum Yoga ist die Auswahl mit über 30 Sportarten besonders groß. (Für iOS und Android, Basisversion kostenlos, Abos ab 10,99 Euro)

Wikiloc Wander-App: Die „Wikipedia für Aktive“ bietet Millionen von Outdoor-Trails – und zwar weltweit für rund 80 Aktivitäten. Selbst weniger verbreitete Sportarten wie Kajak sind vertreten. Und es gibt auch Support für Motorradfahrer*innen. Den Content liefern die Wikiloc-Mitglieder, die ihre Touren mit Texten, Bildern und GPS-Daten zur Verfügung stellen. (Für iOS und Android, Basisversion kostenlos, Abos ab 4,99 Euro)

3D RealityMaps: Die App für Wanderer, Bergsteiger und Biker verspricht, dass sich damit der nächste Trip schon vorab zu Hause erleben lässt. Denn die Alpen sind hier auf fotorealistischen 3D-Karten zu sehen. Dadurch soll es möglich sein, vorab das Gelände, die Wegbeschaffenheit und die Anforderungen gut einzuschätzen. Vor Ort sorgen Features wie Live-Webcams, Wettermeldungen, Hangneigungslayer sowie eigene Sommer- und Winterkarten für ein sicheres Outdoor-Erlebnis. (Für iOS und Android, Basisversion kostenlos, Abos ab 4,99 Euro)

1. Warum teilen Reise-Influencer*innen ihre Lieblingsspots auf Social Media?

Reise-Influencerinnen teilen ihre Entdeckungen, um Inspiration zu bieten, Kontakte zu knüpfen und ihre fotografischen Fähigkeiten zu zeigen. Das kann zu einer Karriere als Reise-Influencerin oder Blogger*in führen.

2. Welche Auswirkungen kann das Teilen von Reisetipps auf überlaufene Destinationen haben?

Das Teilen von überlaufenen Destinationen auf Social Media kann zu Overtourism führen, wodurch die Orte ihren Charme und ihre Authentizität verlieren. Dies betrifft nicht nur bereits überlaufene Orte, sondern kann auch unbekannte Ziele betreffen, die dann als "hot" gehandelt werden.

3. Wie beeinflussen Instagrammer und TikToker den Tourismus und Naturschutz?

Instagrammer und TikToker haben einen erheblichen Einfluss auf den Tourismus, insbesondere auf überlaufene Naturorte. Sie sind jedoch oft schwer zu informieren und können zu Umweltschäden beitragen. Eine bessere Informationsvermittlung vor dem Besuch wäre notwendig.

4. Warum ist intelligentes Besuchermanagement wichtig?

Übermäßiger Tourismus kann erheblichen Schaden an der Umwelt anrichten. Intelligentes Besuchermanagement, wie Beschränkungen für Tagestouristen oder Reservierungen, ist entscheidend, um den Ansturm auf bestimmte Orte zu regulieren und nachhaltigen Tourismus zu fördern.

5. Wie können verantwortungsbewusste Reisende zur Lösung von Overtourism beitragen?

Verantwortungsbewusste Reise-Influencer*innen können dazu beitragen, Overtourism zu verhindern, indem sie sich auf weniger bekannte Orte konzentrieren, die Unterstützung benötigen. Sie sollten ihre Follower zu respektvollem Verhalten auffordern und die Auswirkungen ihrer Posts auf die Umwelt und lokale Gemeinschaften berücksichtigen.

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