„Wir wollen gewinnen“, „die Chancen sind gewaltig“, „skalieren“ – wer Jacqueline Smith-Dubendorfer sprechen hört, spürt sofort, dass sich die Managerin auf einer Mission befindet. Oder wie es Adidas-CEO Kasper Rorsted formuliert: im „vollen Ausführungs-Modus“.
Als Vice President Digital Partner Commerce ist Smith-Dubendorfer mitverantwortlich für die Digital-Offensive des Sportunternehmens aus Herzogenaurach. Betrug der Online-Umsatz mit unternehmenseigenen Plattformen 2017 noch 1,6 Milliarden Euro, sollen es bis 2020 vier Milliarden sein. Ob über den eigenen Online-Shop, über Partner wie Zalando, über Social Media oder die eigene App: Adidas möchte möglichst viele Produkte direkt an den Endkunden verkaufen, um die Marge zu steigern.
Einige stationäre Händler sind unzufrieden, wenn beispielsweise das neue Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zunächst exklusiv auf den Adidas-eigenen Plattformen verkauft wird. Im Rahmen des ISPO Digitize Summits hatte ISPO.com Gelegenheit, sich von Jacqueline Smith-Dubendorfer die strategischen Partnerschaften von Adidas erklären zu lassen. Ihr Bereich wurde neu aufgestellt, um den Austausch mit dem Handel zu fördern.
ISPO.com: Einige der kleineren Sporthändler befürchten, dass sie mit der Digitalisierung von Adidas nicht Schritt halten können. Können Sie diese Bedenken verstehen?
Jacqueline Smith-Dubendorfer: Natürlich. Auch die großen Einzelhändler teilen diese Befürchtungen – Digitalisierung findet ja nicht nur bei adidas statt. Aber ich denke, es ist wichtig nach vorne zu schauen. Wenn der Handel die Dynamik des Marktes missachtet und die Erwartungen der Verbraucher nicht erfüllt, wird er sich nur schwer weiterentwickeln und Schritt halten können.
Die Geschwindigkeit, mit der sich der Handel im Moment verändert, ist enorm.
Absolut. Und wenn man sich als Händler oder Unternehmen nicht darauf einstellt, wird man zu kämpfen haben. Das Schöne an der Digitalisierung ist jedoch, dass jeder teilhaben kann. Es gibt neue Zugangsmöglichkeiten, neue Marken und neue Einzelhändler. Die Digitalisierung ermöglicht es ihnen, klein zu beginnen und schnell zu wachsen.
Bitte blicken Sie für uns zurück. Wie war es, als Sie die Online-Aktivitäten von Adidas ausgebaut haben?
Mit unserer Vertriebsseite sind wir 2010 gestartet, wir waren damals nur in sieben Märkten vertreten. Als wir damals mitteilten, dass wir in unser eigenes Online-Geschäft investieren, um wichtige Erfahrungen zu machen, haben sich viele Leute gewundert: Warum tun sie das? Nun, aus heutiger Sicht kann ich sagen: Man kann nicht mitreden, man ist nicht glaubwürdig, wenn man es nicht selbst ausprobiert hat.
Und Sie sollten damit Recht behalten.
Plötzlich sind wir im Jahr 2018 und sprechen über ein paar Milliarden Euro Umsatz. Damit haben wir gezeigt: Ja, wir sind zwar eine große Firma, aber es lässt sich trotzdem in kurzer Zeit viel bewegen. Das ist es, was ich die „Schönheit der digitalen Welt“ nenne. Auch wenn man ein kleiner Einzelhändler oder eine kleine Marke ist, hat man die Möglichkeit, schnell zu wachsen. Aber man muss die Voraussetzungen dafür schaffen. Und man muss wissen, in welchem Umfeld man sich bewegt.
Was tut Adidas für Einzelhändler, um sie im Zug der Digitalisierung mitzunehmen?
Im Moment konzentrieren wir uns auf unsere bestehenden großen Partner und wollen diese noch enger begleiten. Wir sorgen dafür, dass sie erfolgreich sind und vom Offline- in den Online-Modus wechseln, um den Konsumenten zu gewinnen. Aber grundsätzlich steht unsere Expertise allen Händlern zur Verfügung. Unser Ziel ist es zu helfen, um bei der Umstellung auf das Online-Geschäft erfolgreich zu sein.
Geht es vor allem um Website-Integrationen oder wie dürfen wir uns diese Hilfe von Adidas vorstellen?
Wir verfügen heute über Systeme, die es uns ermöglichen, von einem einzigen Ort Inhalte überall hin zu verteilen. Eine zentrale Anlaufstation im Internet, an dem Händler Produkte bestellen, nachbestellen oder umdisponieren können. Wir werden weiterhin in diese Programme investieren, die wir ursprünglich für unser eigenes Online-Geschäft entwickelt haben, um noch besser zu werden.
Wenn wir uns ein kleines, traditionsreiches Sportgeschäft vorstellen, dessen Inhaber bei der Digitalisierung aktiv dabei sein will. Kann er Adidas kontaktieren und einfach um Unterstützung bitten?
Wir haben natürlich keine unbegrenzten Ressourcen, deshalb müssen wir sicherstellen, dass die heutigen Big Player diese Transformation zuerst vornehmen. Wir versuchen aber trotzdem auch kleine Händler zu unterstützen. Und es geht nicht nur um uns, sondern um die gesamte Sportartikelindustrie. Das Wichtigste ist letztlich der Verbraucher, der wissen muss, woher er die Produkte bekommt.
Ihr Rat an diesen Händler wäre also, sich zu vernetzen und gemeinsam mit anderen die Online-Aktivitäten aufzubauen?
Worum geht es denn bei der Digitalisierung? Es geht darum, Menschen in einer Gemeinschaft zusammenzubringen, und zu lernen. Ob du nun ein Big Player, ein Start-up oder ein traditioneller Händler bist: Jeder trägt Verantwortung für unsere Branche, deshalb sollten wir mutig sein, unser Wissen teilen und die Zukunft aktiv mitgestalten. Wir leben in einer Welt des Wandels. Es fängt immer mit der Einstellung an.
Über die richtige Einstellung zur Digitalisierung haben wir viel auf dem ISPO Digitize Summit gehört. Wie hat Ihnen dieses neue Format von ISPO gefallen?
Ich denke, es ist eine großartige Investition. Die Sportartikelindustrie braucht genau so etwas: Ideen entwickeln, offene Diskussionen führen, sich selbst herausfordern, Denkanstöße bekommen, Entscheidungen treffen, hinausgehen und es umsetzen – so bleibt unsere Branche profitabel und im Wachstumsmodus. Formate wie der ISPO Digitize Summit schaffen die richtigen Bedingungen, um weiter zu wachsen.
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