Im Management von Outdoor-Spezialist Fenix, zu dem Outdoor-Schwergewichte wie Fjällräven, Hanwag, Primus, Tierra, Naturkompaniet und Globetrotter gehören, steht in diesem Jahr ein Generationswechsel an: Martin Nordin, Sohn von Fjällräven Gründer Ake Nordin und bisher CEO der Fenix Outdoor International AG, kündigt mit der nächsten Generalversammlung im Frühjahr dieses Jahres seinen Rücktritt an.
Auf ihn folgt Alex Koska, Martin Axelhed wird Executive Vice President der Unternehmensgruppe. Alle sind seit mehreren Jahren im Unternehmen. Ein guter Anlass, um mit dem neuen Führungsteam über die Zukunftspläne der Outdoorgruppe zu sprechen. Und über Nordins neuen Posten: Was ist ein Executive (working) Chairman?
ISPO.com: Sie haben gerade angekündigt, einige Veränderungen im Management durchzuführen. Was genau ist Ihr Plan?
Alex Koska: Es geht nicht um einen Generationswechsel in dem Sinn, sondern um einen notwendigen Schritt, der vor allem dem Wachstum geschuldet ist. Wir sind heute um ein Vielfaches größer als noch vor wenigen Jahren. Nicht nur hinsichtlich des Umsatzes, sondern natürlich auch im Hinblick auf die Anzahl der Mitarbeiter. Heute arbeiten bei uns weit über 2000 Menschen, früher waren es 200. Mit dem Schritt wollen wir unsere Organisationsstruktur anpassen und verbessern.
Martin Nordin: Irgendwann kommt man an den Punkt, wo man feststellt, dass man den nächsten Schritt machen muss. Ich bin ein Visionär, meine Stärken liegen im Bereich Kreativität und Strategie. Das operative Business können andere besser als ich. Deshalb bin ich zurückgetreten und Alex Koska, der schon sehr lange im Unternehmen ist und weiter das Segment Global Sales verantwortet, wird sich darum kümmern.
Das heißt, ich gehe nicht in Rente, ich werde nach wie vor aktiv im Unternehmen tätig sein, denn es gibt einen großen Bedarf an strategischen Entscheidungen zu vielen großen Fragen der Zukunft. Deshalb auch die Bezeichnung „Executive (working) Chairman“. Vizepräsident wird Martin Axelhed, der sich weiterhin um das Brandmanagement kümmert. Wie Sie sehen, behalten im Grunde genommen alle ihre Verantwortlichkeiten, vor allem wurden die Titel geändert.
Es wird auch von Verjüngung gesprochen – was ist damit gemeint?
Nordin: Auf diese Weise macht man Platz für Jüngere - sie bekommen die Chance, sich zu entwickeln. Das dürfen Sie nicht unterschätzen: Sie schaffen damit die Möglichkeit, dass Menschen neue Erfahrungen sammeln, die sie brauchen, um in den vielen Bereichen, die wir abdecken, gute Entscheidungen treffen zu können.
Die Digitalisierung wird als große Herausforderung angesehen. Geht es auch darum? Welche Ziele verfolgen Sie?
Koska: Das übergeordnete Ziel lautet: Wir wollen langfristig überleben! Das klingt banal, ist es aber nicht. Wir sehen, dass die großen Händler immer größer werden und die kleinen immer kleiner. Wir wollen aber, dass die kleinen Geschäfte überleben. Wenn man sich in einem Premium Umfeld bewegt wie wir, dann ist man auf dieses Premium Netzwerk angewiesen. Nur dort können wir verkauft werden.
Unsere Produkte sind beratungsintensiv. Die technischen Informationen kann man sich natürlich im Internet holen. Aber die Erfahrung weitergeben, die tatsächliche Beratung, das können nur Menschen. Wenn man diese Information nicht mehr anbieten kann, dann entscheidet letztendlich nur der Preis. So weit wollen wir es nicht kommen lassen.
Nordin: Wenn es die kleinen Händler nicht mehr gibt, wird es auch keine technische Weiterentwicklung in der Kollektion mehr geben. Es gibt keinen Händler mehr, der das verkaufen kann, und keinen Kunden, der versteht, warum er das bezahlen soll. Das heißt: Brands müssen ihre Vertriebsstrategie sorgfältig auswählen, wenn sie überleben wollen!
Wie genau unterstützen Sie den Händler?
Koska: Wir versuchen, mit Hilfe einer selektiven Distribution und vertrauenswürdigen Partnern eine gesunde Balance auf dem Markt zu wahren. Der Handel profitiert hierdurch von stabilen Preisen ohne Rabattschlachten und kann höhere Spannen erzielen.
Weitere Maßnahmen sind gezielte Endverbraucherwerbung mit durchgängigen Kampagnen und einer Einbindung der Handelspartner, Shop-in-Shop Systeme und sonstige Verkaufsförderung. Entscheidend ist aber, dass der Endkonsument das Produkt kaufen möchte. Hierin verstehen wir unsere Kernaufgabe. Das ist unserer Meinung nach die beste Handelsunterstützung.
Wie wird der Handel in Zukunft also aussehen? Welche Herausforderungen sehen Sie konkret?
Nordin: Wir glauben fest daran, dass es auch in Zukunft, trotz aller Digitalisierung, noch physische Stores geben wird. Vielleicht nicht genau solche, wie wir sie heute kennen, denn die Digitalisierung bietet unter anderem eine große Chance: Den Endverbraucher besser zu verstehen und besser auf ihn eingehen zu können.
Voraussetzung hierfür ist eine belastbare Datenbasis, die wir mit einem Team spezialisierter Mitarbeiter aufbauen werden. Wir haben dafür kein Beratungsunternehmen beauftragt, sondern wollen dies selbst tun. Das Ziel sind möglichst aussagekräftige und speziell auf unsere Bedürfnisse ausgerichtete Daten, die uns nicht nur dabei helfen sollen, den Endverbraucher gezielter ansprechen zu können, sondern auch den Markt als Ganzes besser zu verstehen.
Aktuell gibt es für die Outdoorbranche keine wirklich verlässlichen Daten im Hinblick auf tatsächliche Marktanteile und den Gesamtmarkt in Europa. Viele Informationen sind nur schwer zu interpretieren – das zu verbessern, gehört für uns auch zur Digitalisierung.
Sie verfügen über ein eigenes Retail-Netz. Ein Vorteil, wenn es um die Nutzung von Daten aus dem Handel geht. Wie digitalisieren Sie den Handel?
Koska: Wir messen die Frequenz innerhalb unserer Geschäfte und versuchen Muster zu erkennen, wie die Konsumenten sich im Laden bewegen und was sie attraktiv finden. Das ist der erste Schritt.
Gerade Globetrotter war einst das Paradebeispiel für vorbildlichen Outdoor Handel. In den letzten Jahren hörte man davon nur noch wenig, die Umsätze gehen zurück. Was ist passiert?
Nordin: Globetrotter holt gerade wieder auf! Aber es stimmt natürlich, dass wir zuletzt nicht sehr profitabel waren und effizienter werden müssen. Deshalb investieren wir gerade in ein neues Logistikzentrum.
Axelhed: Interessant ist auch, dass unsere Brand Fjällräven eine größere Markenbekanntheit hat als Globetrotter. Das heißt: Globetrotter ist vor allem dort bekannt, wo es die Geschäfte gibt. Wir haben zwar schöne große Stores, aber dafür wenige. Wir werden in Zukunft also viel mehr Anstrengung ins Marketing legen und auf den Onlinehandel.
Nordin: Wir arbeiten zudem an einem neuen Storekonzept, das an das ERP System angeschlossen ist und die digitale Integration aller Prozesse erlaubt.
Koska: Die Idee ist hier, dass wir mehr über den Konsumenten erfahren wollen und deshalb systematisch Daten sammeln. Wir brauchen mehr Fakten-basierte Daten und weniger emotional getriebene Entscheidungen. Das sehen wir immer wieder – auch bei der Beurteilung von Produkten etc.
Welche Rolle spielt der Onlinehandel für Sie?
Nordin: Er gehört natürlich dazu, aber er ist kein Garant fürs Überleben. Viele tendieren dazu, die Kosten zu unterschätzen. Die Retouren sind enorm, ganz besonders in Deutschland! Das führt so weit, dass wir manche Produkte ganz aus dem Sortiment nehmen mussten, weil sie am Ende nicht mehr rentabel waren.
Koska: Viele Produkte werden mehrfach quer durchs Land geschickt, ehe sie ein Kunde kauft – so ist das im Onlinehandel überall. Die Kunden bedenken das überhaupt nicht. Aber das ist alles andere als nachhaltig und für manche dennoch ein Geschäftsmodell!
Stichwort Nachhaltigkeit: Bei Fjällräven ist das Thema Nachhaltigkeit Bestandteil der Kommunikation. Wie wichtig ist das Thema für die anderen Marken und für die Fenix Gruppe?
Nordin: Alles, was wir im Bereich Nachhaltigkeit machen, basiert auf unseren eigenen Anstrengungen und zieht sich durch das ganze Unternehmen: Wir haben eine eigene CSR Abteilung, die für alle Marken zuständig ist. Fjällräven ist im Bereich Nachhaltigkeit am bekanntesten, dabei ist aber wahrscheinlich Tierra am nachhaltigsten. Wir arbeiten natürlich in ganz unterschiedlichen Bereichen – Bekleidung, Schuhe, Equipment, Retail – und lernen voneinander stetig weiter.
2019 findet die OutDoor Messe in München statt. Wie finden Sie das?
Nordin: Wäre die OutDoor noch länger in Friedrichshafen geblieben, wäre sie über kurz oder lang gescheitert – sie wurde immer mehr zu einer lokalen Show. Wir sind aber global, für uns ist die Internationalität der Messe entscheidend, und aus internationaler Sicht war der Standort zunehmend ein Problem. Das ist kein Geheimnis, das sage ich schon lange.
Was erwarten Sie heute von Messen? Es wird viel darüber gesprochen, dass Konsumenten mehr Zugang bekommen sollten.
Nordin: Natürlich erfüllen Messen heute eine andere Aufgabe als früher, wo man den finanziellen Wert einer Messe direkt an der Order ablesen konnte. Heute geht es darum, unsere Kunden zu sehen und zu diskutieren.
Koska: Zur Diskussion über die Einbindung des Endverbrauchers: Wir präsentieren auf der Messe die Neuheiten des nächsten Winters. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich noch die aktuelle Winterkollektion im Handel. Auch aus Fairness gegenüber dem Handel haben wir kein Interesse daran, dem Endverbraucher jetzt schon die neuen Produkte zu zeigen und dadurch eventuell den Konsumenten davon abzuhalten, die aktuelle Kollektion zu kaufen.
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