Die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien war für Adidas ein grandioser Erfolg: 2,1 Milliarden Euro Umsatz mit Fußballprodukten, 14 Millionen verkaufte Bälle und neun Millionen verkaufte Trikots, davon drei Millionen von Weltmeister Deutschland.
Und auch jetzt, vier Jahre später sah es anfangs so aus, als könnte sich die Erfolgsgeschichte bei der Fußball-WM in Russland 2018 wiederholen: Adidas rüstete zwölf Teams aus und hatte damit im Giganten-Duell gegen Nike (zehn Teams) zunächst den Vorteil auf seiner Seite.
Nun ist jedoch klar: Nike hat das Gigantenduell klar für sich entschieden. Das Finale bestritten in Frankreich und Kroatien zwei Nike-Teams. Anlässlich des zweiten WM-Titels der Franzosen veröffentlichte der Konzern einen neuen Werbespot.
38 Sekunden dürfen die beiden jungen Nike-Athleten Kylian Mbappé und Ousmane Dembélé darüber reden, wo sie den Grundstein für ihren WM-Titel gelegt haben: in Frankreich. „We won it in France“ lautet der Spot und blickt vor allem auf die Zeit in Fußballkäfigen, statt auf die Zeit in Russland.
Bereits im Viertelfinale konnte Nike den Konkurrenten Adidas überholen: Drei Länder trugen die Trikots der Herzogenauracher, Nike hatte noch vier im Portfolio. Und mit dem in der Vorrunde kläglich gescheiterten DFB-Team hatte sich das für Adidas wichtigste Team bereits frühzeitig verabschiedet – die Preise für die deutschen Trikots wurden am Ende deutlich günstiger. Lediglich in den sozialen Netzwerken ging Adidas als Sieger hervor. Die Herzogenauracher wurden am meisten aller Sportartikelhersteller genannt.
Adidas-CEO Kapser Rorsted erklärte bereits kurz vor der WM im Gespräch mit Bloomberg, dass der Rekordwert der letzten WM dieses Jahr übertroffen werde, obwohl sich Fußballgrößen wie Italien und die Niederlande nicht qualifiziert haben und bevölkerungsreiche Länder und damit große Märkte wie die USA und die Türkei größtenteils wegbrechen.
Auch das frühe Vorrunden-Aus der deutschen Nationalmannschaft gelingen schmeckte Adidas nicht, wie Vorstand Roland Auschel in seiner Keynote auf dem ISPO-Digitize-Summit anklingen ließ. Laut „Handelsblatt“ entgehen Adidas so rund 40 Millionen Euro.
Nike hingegen kann sich über das gute Abschneiden der ausgestatteten Teams freuen. Von manchen Mannschaften sei mittlerweile fast kein Trikot mehr im Laden zu kaufen, sagte Europa-Chef Bert Hoyt im Gespräch mit dem „Handelsblatt“: „Diese WM ist wirklich ein großer Erfolg für uns.“
Puma, 2014 noch auf acht Trikots präsent, rüstete in Russland lediglich vier Mannschaften aus. Im Viertelfinale ist mit Uruguay noch ein Puma-Team dabei. Die restlichen sechs Mannschaften wurden von fünf kleineren Herstellern (Umbro, Erreà, Uhlsport, Hummel, New Balance) ausgerüstet. Under Armour, das großspurig eine Fußball-Offensive angekündigt hatte, fehlt bei der Fußball-WM gänzlich als Ausrüster.
Auch bei den Schuhen der WM-Fußballer, die diese in der Regel selbst aussuchen dürfen, übertrumpft Nike die Konkurrenz: Insgesamt 465 Spieler trugen bei der WM Schuhe des US-Konzerns – das entspricht 63,2 Prozent aller Spieler. Adidas folgt mit 199 Spielern (27 Prozent) mit großem Abstand. Puma belegt mit 41 Spielern (5,6 Prozent) Rang drei. Insgesamt waren laut einer Studie von „PR Marketing“ zehn Schuh-Ausrüster bei der WM präsent.
- Adidas: Deutschland, Argentinien, Spanien, Russland, Ägypten, Belgien, Iran, Japan, Kolumbien, Marokko, Mexiko, Schweden
- Nike: Brasilien, England, Frankreich, Portugal, Australien, Kroatien, Nigeria, Polen, Saudi-Arabien, Südkorea
- Puma: Uruguay, Schweiz, Senegal, Serbien
- New Balance: Panama, Costa Rica
- Umbro: Peru
- Hummel: Dänemark
- Uhlsport: Tunesien
- Erreà: Island
Adidas selbst hatte lange gute Chancen, Weltmeister zu werden: Schließlich rüstet der Sportartikelhersteller mit Argentinien einen der beiden Finalisten der WM 2014 aus. Hinzu kam mit Spanien ein weiterer Mitfavorit auf den Titel, den allerdings das Adidas-Team und Gastgeber Russland stoppte.
Auf die deutsche Nationalmannschaft (ebenfalls von Adidas ausgestattet) konnte Adidas schon früh nicht mehr setzen. Nach dem Turnier-Aus spendete der Sportartikelhersteller Trostesworte am Berliner Kranzler Eck. Auf einem riesigen Plakat mit Thomas Müller ist zu lesen: "Nicht unser Turnier. Aber immer noch unser Team".
Zuletzt wurde mit Belgien das letzte von Adidas gesponserte Team im Halbfinale aus dem Turnier geworfen - ausgerechnet von einer Nike-Mannschaft: Frankreich.
Nachdem im vergangenen Jahr mehr als 100 Filialen im Gastgeberland schließen musste, hofft der Branchenprimus aus Herzogenaurach auf einen Aufschwung im kriselnden Geschäft. Nike darf jedoch erst recht hoffen: Mit Brasilien, England und Frankreich befinden sich gleich drei große Namen im Kundenkreis des Herstellers.
Die Auseinandersetzung der beiden weltgrößten Sportartikel-Firmen wird dabei mit teils harten Bandagen geführt. Weil Nike England jährlich fast 40 Millionen Euro als offizieller Trikot- und Ballausrüster zahlt, dürfen die „Three Lions“ den offiziellen WM-Ball „Telstar 18“ von Adidas nur bei nicht-öffentlichen Trainingseinheiten und im letzten WM-Testspiel nutzen. Ansonsten müssen die Engländer ausschließlich gegen Nikes „Ordem V“ treten. Das ist auch sportlich brisant, weil der „Telstar 18“ von Adidas als besonders „flatterhaft“ in der Luft gilt und speziell den ohnehin als nicht besonders sicher bekannten englischen Keepern bei der WM einige Probleme bereiten könnte.
Wie wichtig die große Bühne WM für die Sportartikelfirmen ist, zeigte auch der kurzfristige Ausstatter-Vertrag von Senegal durch Puma. Bis dahin hatten sich eigentlich nur drei Teams mit dem Raubtier-Logo auf der Brust für die WM qualifiziert. „Nicht optimal“, wie Puma-Chef Björn Gulden die Situation beschrieb. Die historische Nicht-Qualifikation von Italien war ein herber Verlust für das Unternehmen.
Die Fußball-WM ist immer noch die größte Bühne für die Sportindustrie: Allein beim WM-Finale 2014 sollen rund eine Milliarde Menschen auf dem Globus zugeschaut haben. „Wenn Fußball-WM ist, schaut die Welt zu“, sagt Adidas CEO Kasper Rorsted.
Und dennoch: Die Partnerschaft mit der Fifa muss sich auch für Adidas lohnen. Zum „Handelsblatt“ sagte CEO Rorsted im Interview, dass man sich nüchtern die Zahlen anschaue und das Engagement wirtschaftlich bewerte. Eine Aufkündung des Vertrages sei nicht ausgeschlossen. Das gelte auch für den DFB: „Auch diese Partnerschaft muss sich natürlich rechnen, aber da ist zusätzlich viel Leidenschaft dabei“, so Rorsted zum „Handelsblatt“. Und weiter: „Als größtes deutsches Sportunternehmen und Nummer zwei in der Welt müssen der DFB und wir doch geradezu zusammenarbeiten."
Und neben der gigantischen Werbewirkung ist das Championat auch gut für das direkte Geschäft am Ladentisch: Nike berichtete zum Beispiel, dass allein aus Nigeria drei Millionen Trikots für die Fußball-WM 2018 geordert worden seien. Das ist genau die Zahl, auf die auch Adidas beim Verkauf des deutschen WM-Trikots für 2018 hofft. Stolze 89,95 Euro ist der UVP für die billigste Version – entsprechend groß ist die Gewinnspanne für das Unternehmen und vor allem die Händler.
Eine Umsatzsteigerung wird die WM den Sportartikelfirmen auch bei den Schuhverkäufen bringen – schließlich wollen viele Hobbykicker die aktuellen Treter von Stars wie Cristiano Ronaldo (Nike) oder Lionel Messi (Adidas) tragen. Deshalb brachten die großen Firmen pünktlich vor der WM noch einmal neue, zumeist sehr farbenfrohe Modelle auf den Markt. Zumindest im deutschen Team herrscht freie Schuhwahl und in Jogis Löws WM-Kader gibt es einen 11:11-Gleichstand zwischen Adidas und Nike, und ein einziger Spieler (Marco Reus) trägt Puma.
So trugen Weltmeister Sami Khedira oder Joshua Kimmich bei der WM zwar das Trikot von Adidas, traten allerdings gegen den WM-Ball mit den Schuhen von Nike. Auch der deutsche WM-Titelgewinn 2014 war übrigens eine Co-Produktion der beiden Sportartikel-Giganten: Mario Götze schoss die Adidas-Pille mit seinem Nike-Treter ins Netz. Der wurde später für zwei Millionen Euro für einen wohltätigen Zweck versteigert.
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