- Wachstumstreiber kommerzielle Einnahmen
- Frauensport: Historisch bedingtes Hinterlaufen
- Gender Pay Gap im Spitzensport
- #ChangeTheGame: Endlich Parität bei Olympia
- Olympische Hoffnungen – diese sind weiblich
- Steigende Streaming-Zahlen für Frauensport
- Frauen zeigen: Medien weltweit in der Pflicht
- Gleiche Verteilung der Sponsoringgelder gefordert
- Frauen im Fokus: von Under Armour bis Ryzon
- Sponsoring im Frauensport lohnt sich siebenfach
- Doppelteam-Deals machen Schule
- Kund*innen lieben Marken, die Frauensport sponsern
Ein starker Anstieg der kommerziellen Einnahmen (Clubsponsoring, Partnerschaften und Merchandising-Verkäufe) ist laut Deloitte-Prognose aktuell der größte Wachstumstreiber im Frauenprofisport – mit geschätzten Gesamteinnahmen in Höhe von 696 Millionen US-Dollar. Es folgen die Einnahmen aus Übertragungen (340 Mio. USD) und aus den Spieltagen (240 Mio. USD). Der größte Markt sei nach wie vor Nordamerika (52 Prozent), gefolgt von Europa (14 Prozent).
Die beiden wertvollsten Sportarten werden voraussichtlich Fußball (43 Prozent) und Basketball (28 Prozent) sein. Und: Globale Wettbewerbe bringen am meisten ein. Hier nennt das Beratungsunternehmen die FIFA-Frauen-Weltmeisterschaft, die Ladies Professional Golf Association (LPGA)-Tour und die Women's Tennis Association (WTA)-Tour. Sie werden voraussichtlich 425 Millionen US-Dollar (33 Prozent) zum prognostizierten Gesamtvolumen beitragen.
Natürlich feiern wir das Reißen der Marke von einer Milliarde US-Dollar an Einnahmen für den weiblichen Profisport. Nichtsdestotrotz: Die Umsätze im männlichen Profisport kennen seit Jahren nur eine Richtung – nach oben. Wir sprechen hier von geschätzten 64 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023.
2024 profitiert der Frauenspitzensport nach Worten des Beratungsunternehmens Deloitte weiterhin vom vielseitigen Erfolg der FIFA-Frauen-Weltmeisterschaft 2023. Es schätzte die Einnahmen auf mehr als 570 Millionen US-Dollar. Auch wenn sich der Frauenspitzensport rasch entwickle, befinde er sich aber auch noch im Anfangsstadium: Als Grund nennt das Beratungsunternehmen, dass viele der großen Ligen sehr jung seien und sich in vielen Ländern erst noch eine Mainstream-Kultur rund um den Frauenspitzensport entwickeln müsse. Das sieht auch Hans-Willy Brockes, Gründer des ESB Marketing Netzwerks, so: Frauensport hatte „kulturell und historisch bedingt weniger Bedeutung und wird in manchen Gesellschaften bis heute nicht gefördert.“ Dieses Hinterherlaufen lasse sich nicht in wenigen Jahren aufholen, sondern sei ein Generationenthema.
„Beim Gender Pay Gap geht es ja nicht nur um Sponsoring, sondern auch um Prämien sowie Arbeitsverträge von Profisportlern. Dazu muss man zunächst generell sagen, dass es im Sport gewaltige Pay-Gaps gibt“, konstatiert Brockes. Diese bestehen nach seinen Worten insbesondere zwischen Sportarten: Fußball auf der einen Seite und Volleyball, Hockey oder Kunstturnen auf der anderen Seite. Hier stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung für das Pay-Gap. „Die Antwort ist die Marktrationalität. Im Sport und auch im Sportsponsoring existieren Angebot und Nachfrage. Dies sowohl nach Sportlern (Arbeitsvertrag) als auch nach Leistung (TV-Reichweiten/Social-Media-Follower) oder Vermarktbarkeit des Sponsorings und Ticketverkäufen.“
Zum ersten Mal in der Geschichte werden nach Angaben von UN Women bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris ebenso viele weibliche wie männliche Athlet*innen am Start sein. Das heißt, Sportfans in aller Welt sehen mehr Frauen denn je, die ihre Sportarten und natürlich die jeweiligen Marken auf Weltniveau präsentieren. Als 1900 zum ersten Mal Frauen an den modernen Olympischen Spielen teilnehmen durften, habe ihr Anteil bei 2,2 Prozent aller teilnehmenden Athlet*innen gelegen. Dieser Meilenstein sei dem unermüdlichen Einsatz von Sportlerinnen zu verdanken, die Rekorde brechen, Stereotype überwinden und künftige Generationen inspirieren.
Das junge US-amerikanische Unternehmen Sponsor United, das eine globale Sport- und Unterhaltungs-SaaS-Plattform betreibt, kommt in einer Analyse im Vorfeld der Olympischen Spiele nicht an weiblichen Stars vorbei. Im Gegenteil. Es nennt gleich drei erfolgreiche US-Athletinnen, die mit ihren Sponsoring-Verträgen und Social-Media-Followern glänzen: Turnerin Simone Biles, Tennisspielerin Coco Gauff und Schwimmerin Katie Ledecky. Das freut sicher die Marke Athleta, selbst ganz neu im olympischen Sponsoring. Gaps Premium Performance-Lifestyle-Brand aus den USA setzt nämlich auf Simone Biles als Markenbotschafterin rund um ihre „Power of She“-Plattform zur Unterstützung von sportlichen Frauen und Mädchen. Die Kampagne featured aber auch Katie Ledecky.
Ebenfalls im Scheinwerferlicht: Die britische Skateboarderin Sky Brown – gerade mal 16 Jahre alt. Sponsor United nennt sie eine „bahnbrechende globale Athletin“.
Nicht nur Olympia 2024 wartet mit Rekorden auf, sondern auch die Sichtbarkeit von Frauen wird (langsam) besser. Die neueste Studie des britischen Women's Sport Trust bezüglich Sichtbarkeit und Beliebtheit des Frauensports kommt zu folgendem Ergebnis: „Dieser Bericht weist auf beispiellose Streaming-Zahlen im digitalen Bereich sowie auf eine Rekordnutzung von Videos führender Frauensport-Wettbewerbe auf Social-Media-Kanälen hin“, sagte Tammy Parlour, CEO und Mitbegründerin des Women's Sport Trust. „Die Branche muss diese Chancen nutzen, um das Bewusstsein und das Engagement weiter zu steigern, damit wir das Publikum für den Frauensport weiter ausbauen und die Fans dort erreichen können, wo sie sind.“
Wie sollen Teenagerinnen, junge Frauen und Best-Agerinnen weibliche Vorbilder wahrnehmen, wenn diese ihrem Sport unbemerkt von den Medien nachgehen? Die Teilnehmerinnen einer Umfrage der deutschen Sportmarketing-Agentur ONE8Y nennen als wichtigsten Auftrag, um weibliche Fans besser in den Sport einzubinden, mehr Berichterstattung über Frauensport (53 Prozent). Gefolgt von dem Wunsch nach mehr Kommentatorinnen (38 Prozent) und mehr Events speziell für Frauen (37 Prozent). ESB-Chef Brockes meint dazu: „Das sagt ja bereits alles. Das Interesse wird (noch) nicht bedient. Und somit muss man da auch eine Medienschelte loslassen. Die sind auch ‚etwas‘ schuld…“
„Wir haben es uns zum langfristigen Ziel gesetzt, die Investments in den männlichen und weiblichen Profisport gleich zu verteilen. Der Anteil der Verträge mit Athletinnen steigt seit Jahren kontinuierlich“, sagt ein Adidas-Unternehmenssprecher. Denn auch das deutsche Weltunternehmen weiß: „Die mediale Präsenz und öffentliche Wahrnehmung des Sports fokussieren sich größtenteils auf männliche Athleten. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, Gleichberechtigung im Sport zu fördern und mit unserer Marke auch im Frauensport präsent zu sein.“
Auch andere Marken erkennen den Wert junger, vermarktungsfähiger Profisportlerinnen. Das Magazin Forbes nennt hier Angel Reese und Cameron Brink in der WNBA, Nelly Korda und Rose Zhang im Golf und Iga Swiatek, Coco Gauff und Aryna Sabalenka im Tennis. Laut einer aktuellen Analyse von Sponsor United liegt Swiatek bezüglich Marken-Engagement in den sozialen Medien weltweit auf dem dritten Platz hinter den beiden Basketballern Giannis Antetokounmpo und Stephen Curry.
Under Armour setzt schon seit längerem ganz konsequent auf weibliche Testimonials. Bereits 2014 startete das US-amerikanische Unternehmen seine erste weltweite Werbekampagne, die sich speziell an Frauen richtete. Ballerina Misty Copeland, die olympische Fußball-Goldmedaillengewinnerin Kelley O'Hara und die Profi-Surferin Brianna Cope durften sich über Sponsorengelder freuen. Nun folgt der nächste große Wurf: Im Juni 2024 gaben USA Football, der Dachverband des Footballsports in den USA, und die Organisation, die für die Bildung und Führung der US-Nationalmannschaften verantwortlich ist, eine mehrjährige Partnerschaft bis zu den Olympischen Sommerspielen 2028 bekannt. Ziel der Partnerschaft ist es, allen Athleten (weiblich und männlich) die Teilnahme zu ermöglichen und den Football zu fördern. Auch kleinere Sportfirmen setzen auf die Strahlkraft von Athletinnen: Die noch junge deutsche Sportswear-Brand Ryzon sponsert derzeit acht Profisportlerinnen (und neun Profisportler). Die erste, die sich Ryzon-Klamotten anzog, war 2019 Imogen Simmonds, britisch-schweizerische Triathletin und Europameisterin auf der Ironman-Distanz. Sie ist immer noch an Bord. Der jüngste Coup: Seit April 2024 ist die aktuelle Ironman-Weltmeisterin Lucy Charles-Barclay unter Vertrag.
Der Wert des Sponsorings im Frauenspitzensport wird bis Ende 2024 wahrscheinlich rapide ansteigen, prognostiziert Deloitte. Der Grund: beeindruckende jüngste Belege für die Rentabilität von Investitionen. Einer Studie zufolge würden für jeden Dollar, den ein Unternehmenssponsor im Frauensport ausgibt, mehr als sieben Dollar an „Kundenwert für diese Organisation“ generiert. Einige Sponsoren der Ladies Professional Golf Association (LPGA) berichteten über eine Rendite von bis zu 400 Prozent des Medienwerts ihrer Investition. Zwischen 2019 und 2023 habe die LPGA auch die Zahl der aktiven Marken auf ihrer Sponsorenliste verdoppelt, und im Juni 2023 überschritt die Zahl der Sponsoren erstmals die Marke von 1.000. Auch ESB-Chef Brockes sieht „ein Momentum für das Thema Frauensport“. Definitiv profitiere Fußball davon. Insbesondere sei bemerkenswert, dass neue Sponsoren wie Vorwerk oder Stepstone auf diese Art einsteigen. „Aber auch im Tennis, Golf sowie bei den nordischen Wintersportarten sehe ich eine gute Nachfrage von Sponsoring-Partnern.“
Sponsor United sieht in seinem aktuellen Marktbericht ebenfalls einen Aufschwung beim Frauen-Sponsoring und erklärt dies unter anderem mit Doppelteam-Deals, beispielsweise in der englischen Hauptstadt London. Laut den Ergebnissen haben die Männerteams im Durchschnitt 42 Sponsoren („ein bescheidener Zuwachs“ von 2,5 Prozent gegenüber 2022), während die Frauenteams mit einem Zuwachs von 35 Prozent seit 2022 auf dem Vormarsch sind. Dieser Anstieg bei den Sponsoringverträgen für Frauen sei teilweise auf den wachsenden Trend zu gebündelten Sponsoringverträgen zurückzuführen. So sind nach Worten von Sponsor United beispielsweise 79 Prozent beziehungsweise 88 Prozent der Sponsoren der Frauenteams von Arsenal und Tottenham Hotspur auch Partner der Männermannschaften. Diese Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass Marken zunehmend den Wert des Sponsorings von zwei Mannschaften erkennen und sowohl die Männer- als auch die Frauenmannschaften nutzen, um die Marktreichweite und das Engagement zu maximieren.
Nicht nur der höhere RoI (Return on Investment) spricht für ein Sponsoring-Engagement im weiblichen Profisport, sondern auch ein besseres Image: Der britische Women's Sport Trust fand heraus, dass 29 Prozent der Verbraucher*innen eine positivere Meinung von Unternehmen oder Marken haben, die den Frauensport durch ihr Sponsoring unterstützen, zwölf Prozent mehr als bei Kampagnen, die den Männersport unterstützen. Außerdem hätte sich gezeigt, dass sich reine Frauensport-Verträge aufgrund ihrer Fähigkeit, neue Zielgruppen anzuziehen und die Markenaffinität zu steigern, als beliebt erweisen. Tammy Parlour vom Women's Sport Trust: „Diese neue Studie zeigt deutlich die positiven Auswirkungen, die Marken erzielen können, wenn sie in das Sponsoring des Frauensports investieren.“
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