Erst als die Moticon-Gründer die Sohle auch für andere Sportarten entwickelten, startete das Startup richtig durch. Welche Fehler das Startup vor über sechs Jahren machte und wieso die Geschäftsidee heute funktioniert, erklärt Moticon-Geschäftsführer Maximilian Müller bei ISPO.com.
Moticon-CEO Müller im Interview
ISPO.com: Herr Müller, 2010 wurden Sie bei ISPO BRANDNEW ausgezeichnet. Wie läuft‘s denn seitdem bei Moticon?
Dr. Maximilian Müller: Insgesamt sehr gut. Wir haben uns mittlerweile im Profisport, in der Orthopädietechnik und der wissenschaftlichen Forschung hervorragend etabliert. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich im vergangenen Jahr auf insgesamt 16 fast verdreifacht, zwei weitere Mitarbeiter kommen im Herbst dazu.
Auch der Umsatz liegt im Rahmen unserer Erwartungen. Es hat sich ausgezahlt, dass wir sehr stark in die eigene Produktion, Herstellung der Sensorik, Montage und Qualitätssicherung investiert haben. Das „Made & Designed in Germany“ ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal für Moticon.
Moticon: Von der Sohle für Skischuhe zum Sport-Allrounder
Ausgezeichnet wurden Sie bei ISPO BRANDNEW noch für eine Skisohle, wie kam es zur Sohle für alle Sportler?
Wir haben seit der Teilnahme an ISPO BRANDNEW eine Rolle rückwärts gemacht. Der Ausgangspunkt von Moticon war, dem normalen Skifahrer eine Labortechnik zugänglich zu machen. Wir wollten erforschen, wie sich Körperposition und Gewichtsverlagerung auf den perfekten Schwung auswirken. Unsere Vision war, eine drahtlose, einfach zu bedienende Sensorsohle als Wearable für den Consumer-Markt zu entwickeln. Dafür wurden wir 2010 als ISPO BRANDNEW Winner ausgezeichnet. Doch leider konnten wir mit „Skigo“ den anvisierten Preispunkt für den Konsumenten nicht halten.
Das muss ein herber Rückschlag gewesen sein…
…der sich für uns jedoch als Glücksfall erwies. Denn so haben wir uns voll auf professionelle Anwendungsbereiche fokussiert, in denen nicht der Preis, sondern Technologie und Anwendungsmöglichkeiten die entscheidenden Kaufkriterien sind. Drei Kernsegmente haben sich daraus entwickelt: Moticon PHYSIO, Moticon ORTHO und Moticon SCIENCE.
Was genau kann Ihre Sensorsohle nach sechsjähriger Weiterentwicklung?
Moticon analysiert die tatsächliche Druckbelastung im Fuß, Asymmetrien in der Gewichtsverteilung sowie Druckschwerpunkte. Auch Ganglinie, Bodenkontaktzeiten und Sprunghöhen werden gemessen und ausgewertet. Außerdem lassen sich muskuläre Dysbalancen und versteckte Defizite in den Bewegungsabläufen erkennen. Das System besteht aus der Sensorsohle und je nach Anwendung aus spezifischer Software oder Apps. Die Einrichtung und Durchführung der Messungen ist nicht sehr kompliziert und dauert für eine Standardanalyse weniger als fünf Minuten.
Außerdem setzen wir auf Interaktion – zwischen Arzt und Patienten, Trainer und Sportler. Das wird bei uns durch eine cloudbasierte Anbindung optimiert. Die Daten können jederzeit und überall abgerufen werden.
Spielt die ISPO BRANDNEW-Auszeichnung immer noch eine Rolle für Ihr Unternehmen?
Auf jeden Fall! Wir bekommen heute noch Anfragen, die sich auf den ISPO BRANDNEW AWARD beziehen. Das ist ein Gütesiegel und gleichzeitig eine Referenz, die bei unseren Kunden eine sehr hohe Glaubwürdigkeit besitzt. Und wir haben damals in einem sehr frühen Stadium eine hohe Bekanntheit erreicht, die wir so nicht hätten erzielen können. Unsere Entwicklung wurde dadurch sicherlich signifikant beschleunigt – ein Jumpstart sozusagen.
Moticon-Sohlen waren auch bei Olympia 2016
Können Sie neuen „Sport-Startups“ ein paar Tipps geben, worauf man bei der Umsetzung einer Idee achten sollte?
Wer Hardware entwickelt, sollte sicherstellen, dass das Produkt in seiner Grundfunktion auch wirklich final ist und in Stückzahl produziert werden kann. Wenn das Produkt nicht hält, was es verspricht, wird es gefährlich. Wir hätten uns damals mehr Zeit nehmen sollen. Auf diese Erfahrungen hätte ich rückblickend gerne verzichtet. Lieber noch sechs Monate für das Testen einplanen und sich unbedingt Partner aussuchen, die nicht nur Prototypen bauen, sondern auch Stückzahlen skalieren können. Außerdem sollte man das Feedback aus dem Markt in die Produktentwicklung einfließen lassen.
Wie sehen Ihre nächsten Ziele aus?
Ab Ende 2018 oder früher wollen wir noch einmal ein Produkt für den Consumer-Markt erstellen. Diesmal jedoch richtig! Denn unser Produkt ist nicht nur für Profis relevant, egal ob bei der individuellen Optimierung der Bewegungsabläufe oder bei der Reha nach einer Verletzung. Unsere Sensorsohlen sind jetzt schon in der Lage, einen Warnton an das Handy zu senden, wenn zum Beispiel die Belastung für das Bein nach einer Verletzung zu hoch ist.
Wo kommt Moticon im Profisportbereich derzeit zum Einsatz?
Unsere Sensorsohlen kommen in schnellen, dynamischen Sportarten wie Eishockey, Eisschnelllauf, alpiner Skirennlauf, Skisprung, Basketball und Fußball zum Einsatz. Gerade haben wir die komplette Mannschaft des FC Ingolstadt 04 im Rahmen des Projekts „Der gläserne Athlet“ gemeinsam mit dem Leiter der medizinischen Abteilung des Vereins, Christian Haser, vermessen. Und auch bei Olympia 2016 in Rio waren unsere Sensorsohlen schon bei Medaillengewinnern im Einsatz – mehr darf ich allerdings leider nicht verraten.
Nutzen Sie selbst auch Moticon?
Selbstverständlich. Ich teste unsere Produkte immer selbst und laufe damit so um die 20 Kilometer pro Woche.
Das ist Moticon:
- Gegründet: 2008, während die Gründer Maximilian Müller und Rober Vilzmann noch ihr Ingenieurs-Studium betrieben.
- ISPO BRANDNEW: 2010 wurde die Idee, eine Einlegesohle für Skier mit Sensoren zu entwickeln von ISPO BRANDNEW ausgezeichnet.
- Ski Go wird zu Open Go: Aus der Ski-Sohle wird 2010 Open Go – damit startet das Startup richtig durch und hat sich bis heute am Markt etabliert.
- Mitarbeiter: Im Herbst 2016 hat Moticon 18 Mitarbeiter.
- Firmensitz: München
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